Spätestens nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zeichnet sich ab, dass sich die politischen Mehrheitsverhältnisse in Deutschland wandeln. Das Nationale Begleitgremium (NBG) diskutierte auf seiner 88. Sitzung in Dessau, welche Auswirkungen das auf die gesellschaftspolitische Debatte zur Endlagersuche hat. Auch die Folgen der Zeitverzögerung auf das Vertrauen in das Verfahren waren Thema. Und schließlich musste ein sehr geschätztes Gremienmitglied verabschiedet werden. Erfahren Sie mehr über die wohl emotionalste Sitzung des NBG.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist das Schlüsselwort im deutschen Verfahren. Wenn die Menschen sich nicht beteiligt fühlen, werden sie das Verfahren schlichtweg nicht akzeptieren. Doch wie sollen sich Menschen an etwas beteiligen, das sie in ihrem eigenen Leben vermutlich nicht mehr betrifft? Wie kann eine sachliche Diskussion zustande kommen, wenn Äußerungen immer unsachlicher werden? Und überhaupt, ist das Ende des Atomzeitalters weiterhin gesellschaftlicher und politischer Konsens?
Zu diesen und weiteren brisanten Fragen diskutierte das Gremium vielschichtig, emotional und noch lange nicht zu Ende. Das Verfahren muss mehr denn je beweisen, dass es lernend ist. Die wohl größte Herausforderung für die Gremienmitglieder – wie auch für die gesamte Gesellschaft – wird es sein, sich von der Zeitachse nicht lähmen zu lassen und sich trotz verbreiteter Demokratiemüdigkeit aktiv einzubringen.
Das Thema wird das Gremium weiter beschäftigen. Die Fachgruppe I „Öffentlichkeitsbeteiligung“ wird sich des Themas annehmen und in weiteren Sitzungen berichten.
Ein Endlager im nächsten Jahrhundert?!
Das kürzlich vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) veröffentlichte und vielfach in der Presse zitierte Forschungsprojekt „Prozessanalyse des Standortauswahlverfahrens“, kurz PaSta, brachte den Stein wieder ins Rollen. Es legt dar, dass die Festlegung des Endlagerstandorts für hoch radioaktive Abfälle deutlich länger dauern wird als im Standortauswahlgesetz (StandAG) angestrebt. Die Gremienmitglieder sind sich einig, dass alles getan werden muss, um zeitliche Verzögerungen zu vermeiden. Der Grundsatz ist und bleibt: Sorgfalt vor Eile. Vor diesem Hintergrund müssen alle Beteiligten gemeinsam die abwägen, wie eine Beschleunigung, etwa bei den Genehmigungsverfahren, gelingen kann, ohne Abstriche in der Qualität des Verfahrens zu machen. Das NBG hat dazu bereits Empfehlungen an die Akteure ausgesprochen und wird diese erneut in einen Termin im September dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) vortragen.
Das NBG sammelt bereits Fragen, die es sowohl zum Inhalt des PaSta-Gutachtens als auch die kommunikativen Missgeschicke rund um dessen Veröffentlichung in der Oktober-Sitzung in Berlin mit dem durchführenden Öko-Institut und dem beauftragenden BASE öffentlich diskutieren wird. Für ein Teilnahme melden Sie sich gern über dieses Formular an.
Trauriger Abschied von Manfred Suddendorf
Als er sich vor rund 6 Jahren als potenzieller Bürgervertreter zur Wahl aufstellen ließ, dachte Manfred Suddendorf, selbstständiger Unternehmensberater und Dozent, dass es ja nicht so schwierig sein kann, einen sicheren Endlagerstandort zu finden. Die Realität bewies schnell das Gegenteil. Das Vertrauen der deutschen Gesellschaft wurde durch die lange Konfliktgeschichte zur Endlagerung einst verspielt und muss erst wiederaufgebaut werden. Die Endlagersuche für hoch radioaktive Abfälle ist und bleibt ein gesellschaftliches Jahrhundertprojekt mit vielen Hürden und Herausforderungen.
Manfred Suddendorf hat sich leider entschlossen, nicht wieder als ehrenamtliches Mitglied im NBG zu kandidieren. Er übergibt den Staffelstab nun an die nächsten Bürgervertreterinnen und -vertreter, die Mitte September 2024 in Erfurt gewählt werden (BMUV-Informationsseite zum Auswahlverfahren).
Wir danken dir, Manfred, für dein jahreslanges Engagement und deine so wichtigen Impulse auf dem Weg zu einem Endlagerstandort in Deutschland! Alles Gute für deine berufliche und private Zukunft.
Ellen Boettcher
Ausführliche Informationen finden Sie in dem Ergebnisprotokoll anbei.
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