Neue Gutachten, neue Gäste. Diesmal drehte sich alles um die Frage der Sicherheit und welche Rolle sogenannte Referenzdaten bei der Endlagersuche spielen. Die NBG-Gutachter präsentierten ihr Fazit. Es gab Anregungen, Kritik und einen Ausblick auf neue Veranstaltungen des Nationalen Begleitgremiums.
Eine Million Jahre! Eine schier unvorstellbare zeitliche Dimension. Und doch eine entscheidende Zahl im Verfahren. Denn das zukünftige Endlager soll die bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre bieten. Aber wie kann man so unvorstellbar weit in die Zukunft blicken und mögliche Entwicklungen schon im Verfahren berücksichtigen? Geht das überhaupt? Wie wird unser Planet überhaupt in einer Million Jahren aussehen?
Umgang mit Ungewissheiten
Es ist eine große Herausforderung mit all diesen Ungewissheiten umzugehen und gleichzeitig das Verfahren so gut wie möglich für die Zukunft aufzustellen. Dabei spielt das Thema Sicherheit eine Schlüsselrolle. Welche Strahlenbelastung käme durch ein Endlager auf Menschen zu? Dafür müssen schon jetzt Berechnungsgrundlagen erstellt werden.
Genau mit diesem Thema haben sich zwei NBG-Gutachten beschäftigt, die auf der Sitzung vorgestellt wurden. Interessierte konnten die Vorträge und Diskussionen via Livestream auf dem YouTube-Kanal des NBG verfolgen.
Dr. Anne Eckhardt sprach sich dafür aus, frühzeitig einen Umgang mit diesen Ungewissheiten zu entwickeln. Sie skizzierte ein Spannungsfeld: Auf der einen Seite sollten die Vorschriften in puncto Strahlenbelastung so detailliert sein, dass sie gut umgesetzt werden können und nachvollziehbar sind. Auf der anderen Seite entwickelt sich die Wissenschaft und die Technik immer weiter. Das heißt, es sollte auch genügend Spielraum für Korrekturen und Änderungen geben.
Von den Nachbarn lernen
Auch Prof. Dr. Franz Josef Maringer betonte, wie stark sich z.B. die Biosphäre in den kommenden Jahrtausenden ändern wird. Die jetzigen Berechnungen hätten Modellcharakter und dürften nicht als feste Prognosen betrachtet werden. Deshalb ist es wichtig, dass bei der jetzigen Planung nicht nur der Schutz des Menschen im Vordergrund steht, sondern auch ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur. Wer weiß, ob Menschen in einer Million Jahren noch existieren.
Beide Gutachter*innen unterstrichen, wie wichtig bei all diesen hochkomplexen Schritten auch die Einbindung der Öffentlichkeit ist. Dabei könnte man von unseren Nachbarn lernen. Auch die Schweiz sucht ein Endlager. Die Eidgenossen sind weiter im Prozess, hatten aber mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.
Dr. Anne Eckhardt beschrieb, wie man dort stark in die Visualisierung investiert hat. Zusätzlich hätten sich einzelne Laien aus Fachgruppen intensiv mit wissenschaftlichen Fragestellungen beschäftigt und diese als „Vertrauenspersonen“ in einer verständlichen Sprache weiter in die Öffentlichkeit getragen. Solche „Übersetzer*innen“ könnten helfen, Vertrauen und Verständlichkeit aufzubauen.
Datens(ch)atz optimal nutzen
Gleichzeitig ist auch die Einbindung von fachlichem Knowhow essentiell. Darauf verwies Prof. Dr. Michael Kühn, der für das NBG als Sachverständiger Daten bei der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) einsehen konnte, die (noch) nicht veröffentlicht sind. Er nahm in seinem Gutachten die sogenannten Referenzdaten in den Fokus.
Das sind Daten, die die generelle Eigenschaft des jeweiligen Wirtsgesteins widerspiegeln und die nicht ortsspezifisch erhoben worden sind. Es sind also sogenannte Literaturdaten, die einen allgemeinen Charakter haben. Die BGE hat für die Ausweisung der Teilgebiete hauptsächlich auf diese Referenzdatensätze zurückgegriffen.
Für Prof. Dr. Michael Kühn ist der Umgang der BGE mit diesen Daten nachvollziehbar und praktikabel. Doch er äußerte auch Kritik. Die Referenzdaten spiegeln seiner Ansicht nach nicht unbedingt den Stand der Wissenschaft und Technik wider.
Sie müssten in den nächsten Schritten des Verfahrens weiter aufgearbeitet werden. Dabei plädierte er für eine stärkere Einbindung von fachlicher Expertise von außen. Um den vorhandenen „Datens(ch)atz“ optimal nutzen zu können, müssten auch andere Wissenschaftler*innen mit an Bord geholt und ihre Publikationen berücksichtigt werden.
NBG-Veranstaltungen in Planung
Der Blick über den Tellerrand – diese Idee steckt auch hinter der „Speaker Series“, die das NBG in diesem Jahr etablieren möchte. Es geht um den Austausch mit Wissenschaftler*innen über aktuelle Forschungsfragen. Vertreter*innen z.B. der Entsorgungskommission (ESK) oder der Bundesgesellschaft für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sollen Gast auf NBG-Sitzungen sein und über ihre Arbeit und Projekte rund um die Endlagersuche berichten - so der Plan.
Neben dieser Vortragsreihe stehen in den kommenden Monaten noch weitere NBG-Veranstaltungen an. Nach den zwei Fachkonferenzen im Juni und August will das NBG wieder jeweils ein digitales Feedback-Format anbieten und die Bürger*innen fragen: Was lief gut? Wo muss noch nachgebessert werden?
Am 6. November ist dann eine große NBG-Veranstaltung geplant – für eine Art Resümee des bisherigen Verfahrens. Man will gemeinsam mit der Öffentlichkeit auf den Ablauf der Fachkonferenzen blicken und Lernschritte für die Zukunft ziehen. Dem Gremium ist dabei wichtig, auch neue Gesichter und frische Impulse für diese Veranstaltung zu gewinnen.
Kommunen im Blick
Auch auf der Agenda: Den Austausch des NBG mit den kommunalen Spitzenverbänden ausbauen und an der Idee einer gemeinsamen Veranstaltung arbeiten. Im Vorfeld hatten sich die NBG-Mitglieder Günther Beckstein und Jo Leinen bereits mit Kommunalvertreter*innen getroffen und ihre Einschätzung eingeholt. Ihr Fazit: Viele Kommunen haben noch Fragen.
Wie geht es weiter nach den Fachkonferenzen? Landräte und Bürgermeister möchten solche wichtigen Informationen nicht aus der Presse erfahren, sondern frühzeitig eingebunden werden. Da gibt es noch Handlungsbedarf – und dieser wird größer, je weiter der Prozess fortschreitet. Wenn in der nächsten Phase die Teilgebiete eingegrenzt werden, wird die Betroffenheit und das Interesse schlagartig wachsen. Da ist es sinnvoll, sich schon jetzt darauf vorzubereiten.
Aygül Cizmecioglu
Die Kurzberichte greifen ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Schlaglichter aus den Sitzungen auf. Ausführliche Informationen finden Sie in dem Ergebnisprotokoll anbei.
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