Viele Themen, viele Gäste - die Agenda der ersten Sitzung im neuen Jahr war prallgefüllt. 2020 steht die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete an, das Geologiedatengesetz liegt nun endlich als Regierungsentwurf vor. Und jetzt? Was sind die wichtigsten Schritte für die nächsten Monate? Darüber wurde am 9. Januar in Berlin diskutiert.
Neuer Name und doch alles beim Alten? Zum Jahreswechsel änderte sich die Bezeichnung des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit. Aus BfE wurde BASE - Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung. Dr. Silke Albin, Vizepräsidentin vom BASE, war gekommen – sowohl um diese Neuerung zu verkünden, als auch die bisherige Zusammenarbeit mit dem NBG zu reflektieren.
Mehr Offenheit
Wichtige Impulse, die das NBG gab, wurden bei der letzten Statuskonferenz aufgenommen. Mehr Austausch, mehr Zuhören – die Veranstaltung im November war durch eine größere Offenheit geprägt als die erste Statuskonferenz. Nicht das BASE stand im Mittelpunkt, sondern die Stimmen von außen. Genau das hatte das NBG immer wieder gefordert.
Die Veranstaltung war jedoch an ein Fachpublikum gerichtet, nur wenige interessierte Bürger*innen waren gekommen. Das soll sich nun am 25. Januar ändern. Das BASE lädt an diesem Tag explizit Bürger*innen zu einem Workshop ein, um deren Fragen und Erwartungen zum Standortauswahlverfahren zu erfahren. Man wolle Input von der Öffentlichkeit erhalten, unterstrich Dr. Silke Albin und lud das NBG ein, sich im Rahmen eines „World Café“-Formats zu beteiligen.
Mitmachen oder Zuhören?
Zwei Veranstaltungen, zwei Zielgruppen – am Ende zählt, dass die Ergebnisse zusammengeführt werden. Der Workshop für die Bürger*innen dürfe nicht zu einer Feigenblatt-Veranstaltung werden und hinter die Statuskonferenz fallen, betonte das NBG.
Mitmachen oder ganz bewusst nur Zuhören? Diese Frage stellt sich dem NBG im Vorfeld der Fachkonferenz Teilgebiete. Nach der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete im dritten Quartal 2020 wird das BASE diese Konferenz ausrichten. Eine wichtige Wegmarke im Prozess. Eine erste Nagelprobe dafür, ob das Verfahren Vertrauen in der Bevölkerung genießt oder nicht.
Wer sitzt mit am Tisch?
Zur Vorbereitung dieser Veranstaltung hat das BASE eine Beratungsgruppe eingesetzt. Ursprünglich mit dabei: die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Vertreter kommunaler Spitzenverbände, der Partizipationsbeauftragte und das NBG. Das Gremium kritisierte von Anfang an den engen Fokus und verlangte eine Öffnung dieser Beratungsgruppe. Bürger*innen, Gebietskörperschaften, gesellschaftliche Organisationen und unabhängige Wissenschaft müssen aktiv an der Vorbereitung und Gestaltung der Fachkonferenz Teilgebiete mitwirken können.
Der Tisch wurde zwar aufgrund dieser NBG-Kritik in zwei Schritten erweitert, doch die Angebote des BASE sind gegenüber Bürger*innen und Verbänden noch nicht wirksam geworden. Das NBG sieht das BASE in der Pflicht, nicht nur Einladungen auszusprechen, sondern auch zu klären und Vorschläge zu machen, wie eine Mitwirkung aussehen kann.
Ein Grund, warum sich das NBG seit der dritten Sitzung der Beratungsgruppe vom aktiven Part verabschiedet und nur als Gast an den Treffen teilgenommen hat.
Auf Augenhöhe diskutieren
Wie können die Teilnehmer*innen organisatorisch, finanziell und personell so ausgestattet werden, dass sie sich wirklich in die Fachkonferenz Teilgebiete einbringen können – und zwar auf Augenhöhe? Noch hakt es bei der Umsetzung. Die Uhr läuft, die Zeit wird immer knapper. Es wurde bis jetzt viel diskutiert, aber konkrete Ergebnisse fehlen.
Daher möchte das NBG abwarten und schauen, ob sich das BASE in diesen Punkten weiterbewegt und erst dann entscheiden, welche Rolle es in der Beratungsgruppe einnehmen möchte. Geschieht diese Öffnung nicht, plant das NBG selbst einen Workshop auszurichten, um mit möglichen Teilnehmer*innen der Fachkonferenz zu beraten, welche Ressourcen sie in Hinblick auf die Teilnahme brauchen.
Endlich da!
Bewegung gibt es in puncto Geologiedatengesetz. Kurz vor Weihnachten beschloss das Bundeskabinett endlich einen Regierungsentwurf, den das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) veröffentlichte.
Warum ist dieses Gesetz so wichtig? Geologische Daten bilden das Fundament des Verfahrens. Nur wer die geologische Beschaffenheit des Untergrunds kennt, kann nachvollziehen, welche Gebiete für ein Endlager in Frage kommen und welche ungeeignet sind. Bis jetzt gab es keine klare Regelung, welche geologischen Daten veröffentlicht werden dürfen und welche nicht - vor allem wenn private Firmen Rechte an diesen Daten haben.
Was ist zur Veröffentlichung vorgesehen?
Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass die Staatlichen Geologischen Dienste geologische Daten in folgende drei Kategorien einteilen.
In Nachweisdaten. Diese beinhalten Basisinformationen, wer, wo, wann und wozu Untersuchungen durchgeführt hat. Gehören diese Nachweisdaten dem Staat, werden sie unverzüglich veröffentlicht. Sind private Firmen die Rechteinhaber, werden sie spätestens nach drei Monaten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Unter die Kategorie Fachdaten fallen alle Infos, die durch Messungen und Aufnahmen gewonnen wurden. Diese aufbereiteten staatlichen Messdaten werden spätestens nach sechs Monaten veröffentlicht. Gehören sie Privatfirmen, ist eine Veröffentlichung nach fünf bzw. zehn Jahren vorgesehen.
Die dritte Kategorie sind die Bewertungsdaten. Darunter fallen alle Analysen und Einschätzungen z. B. in Form von Gutachten, Studien oder Modellen, die man aus diesen geologischen Untersuchungen ziehen kann. Gehören diese Bewertungsdaten dem Staat, werden sie spätestens nach sechs Monaten veröffentlicht. Sind Privatfirmen die Rechteinhaber, ist eine öffentliche Bereitstellung grundsätzlich nicht vorgesehen.
Neu und wichtig
Neu im Regierungsentwurf ist nun, dass die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), der die Daten von den Staatlichen Geologischen Diensten zur Verfügung gestellt werden müssen, diese öffentlich bereitstellen kann. Voraussetzung ist, dass diese geologischen Daten für das Standortauswahlverfahren erforderlich sind und das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung überwiegt. Das betrifft dann auch nichtstaatliche Bewertungsdaten.
Privatunternehmen, denen diese Daten gehören, können grundsätzlich gegen die Veröffentlichung Widerspruch einlegen und eine Anfechtungsklage in die Wege leiten. Dies hat jedoch – und das ist eine wichtige Stelle im Gesetzesentwurf - keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die BGE diese entscheidungserheblichen Daten öffentlich bereitstellen kann.
Für die betroffenen Privatfirmen ist allerdings ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht möglich. Hier wäre dann unter anderem zu prüfen, ob in einem konkreten Einzelfall ein überwiegendes privates Interesse besteht.
Knackpunkte und Fragen
Die Frage ist allerdings, ob die BGE nicht schon vorauseilend Daten als nicht entscheidungserheblich einstuft, um Klagen und möglichen Entschädigungszahlungen zu entgehen. Wie viele Daten fallen überhaupt in die heißdiskutierte Kategorie „Bewertungsdaten“? Das Bundeswirtschaftsministerium schätzt, dass der Bärenanteil der entscheidenden geologischen Daten, aus den Fachdaten bestehen wird, die älter als zehn Jahre sind und damit unproblematisch veröffentlicht werden können.
Ob das so ist und wie vorsichtig die BGE und die Staatlichen Geologischen Dienste bei der Veröffentlichung agieren werden, bleibt abzuwarten. Der Regierungsentwurf steht schon mal im Fokus der Diskussion. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wird am 27. Januar in einem Fachgespräch in Berlin diskutieren, ob der Entwurf die Anforderungen des Standortauswahlgesetztes erfüllt.
Wie steht der Gesetzesentwurf im internationalen Vergleich da? Sind skandinavische Länder oder die Beneluxstaaten gesetzlich weiter? Das NBG findet auch den Aspekt des europäischen Vergleiches spannend.
Und jetzt?
Wie geht es nun weiter? Ein Regierungsentwurf ist noch kein Gesetz. Der Bundesrat muss zunächst zu dem Entwurf Stellung nehmen und der Bundestag einen Beschluss dazu fassen. Dieser wird dann dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt. Erst danach kann das Gesetz ausgefertigt werden und in Kraft treten.
Das NBG unterstrich, wie wichtig Verständlichkeit und Transparenz dabei sind. Die Bevölkerung muss nachvollziehen können, warum die politischen Akteure sich für bestimmte Teilgebiete, die für ein Endlager infrage kommen, entscheiden. Dafür müssen die zugrundeliegenden geologischen Daten öffentlich zugänglich sein – und zwar so aufbereitet, dass sie auch normale Bürger*innen verstehen können.
Wer die breite Öffentlichkeit nicht von vornherein in das Verfahren einbindet und sich hinter Fachbegriffen und unverständlichen Texten versteckt, darf sich später über Misstrauen und Vertrauensverlust nicht wundern.
Aygül Cizmecioglu
Die Kurzberichte greifen ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Schlaglichter aus den Sitzungen auf. Ausführliche Informationen finden Sie im Ergebnisprotokoll anbei.
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