Die Endlagersuche – ein Spannungsfeld mit vielen Akteuren und Interessen. Eine gesellschaftliche Mammutaufgabe, die nur gelingen kann, wenn Vertrauen in das Verfahren herrscht. Dabei kommt einer Person eine besondere Rolle zu. Sie muss zuhören, Probleme erkennen, schlichten - und ein dickes Fell haben, wie auf der Sitzung in Berlin klar wurde.
Es ist eine Schlüsselposition im ganzen Verfahren und bald endlich besetzt – der/die Partizipationsbeauftragte/r. Eine Art „KonfliktlotsIn“, der/die laut Gesetz frühzeitig aufkommende Spannungen bei der Endlagersuche identifizieren und Lösungsvorschläge erarbeiten soll. Kein leichter Job! Man muss Erfahrung und Expertise mitbringen, unterschiedliche Interessen austarieren können und vor allem Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen.
Konfliktradar als Frühwarnsystem
Die Wahl des NBG fiel auf den Beteiligungsexperten Hans Hagedorn. Der stellte auf der Sitzung in Berlin seine Vision für diese spannende Aufgabe vor. Ein neutraler Freund des Verfahrens möchte er sein, ein Ansprechpartner für alle Akteure.
Die Entwicklung eines „Konfliktradars“ soll ein zentraler Aspekt seiner zukünftigen Arbeit werden. Welche historischen Spannungen verlangsamen das Verfahren? Gibt es akute Konflikte, die den Prozess blockieren könnten? Durch eine kontinuierliche Interessensanalyse, durch Gespräche mit den politischen Akteuren und normalen Bürger*innen, sollen Lösungsansätze für solch wichtige Fragen entstehen.
Was heißt Partizipation?
Was für ein Drahtseilakt dieser Job bedeutet, wurde auch auf der Sitzung deutlich. Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation „.ausgestrahlt“ warf Hans Hagedorn fehlende Neutralität vor, da er bereits als Gutachter für die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“, die sogenannte „Endlager-Kommission“, gearbeitet habe.
Hans Hagedorn begrüßte die Chance, Zweifel und Kritik in das Verfahren einzubringen, unterstrich aber auch, dass jeder etwas anderes unter „Partizipation“ verstehe. Lebt man Partizipation nur, indem man mitentscheidet? Oder ist eine Information oder Konsultation auch schon eine Art der Beteiligung? Wichtige Fragen, ein vielschichtiges Spannungsfeld, wo Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Expertise gefragt sind.
Ein Papier, unterschiedliche Perspektiven?
Eine der ersten Aufgaben, die der zukünftige Partizipationsbeauftragte angehen könnte, wäre die Einschätzung des Konzeptentwurfs vom Umweltministerium (BMU) zur geplanten Öffentlichkeitsbeteiligung. Dabei geht es um die Erarbeitung von zwei Verordnungen - zum einen zu den Sicherheitsanforderungen (§ 26 StandAG) und zum anderen zu den vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (§ 27 StandAG). Das Haus von Ministerin Svenja Schulze möchte dieses Konzeptpapier bald dem NBG übermitteln mit der Bitte, den groben Rahmen zu kommentieren.
Dem Gremium ist dabei wichtig, nicht nur eine fachliche Einordnung, sondern auch unterschiedliche Perspektiven auf den Konzeptentwurf zu bekommen. Neben dem Partizipationsbeauftragten könnten auch weitere Beteiligungsexperten das NBG dabei unterstützen.
Rechtsgutachten – kurz & verständlich
Knowhow von außen – gerade für ein ehrenamtlich arbeitendes Gremium essentiell. So hatte das NBG im Februar beschlossen, die offenen Fragen rund um die Öffentlichkeitsbeteiligung in der ersten Phase des Verfahrens von externen Juristen einschätzen zu lassen. Zwei Gutachten wurden in Auftrag geben, die Ergebnisse liegen nun vor.
„Deckt sich das Standortauswahlgesetz (StandAG) in puncto früher Öffentlichkeitsbeteiligung mit dem Völkervertrags- und dem Unionsrecht?“ lautete etwa eine Frage. Beide Gutachter kamen zu dem Schluss, dass das StandAG in diesem Bereich konform mit den internationalen Vorgaben sei. Hier bestehe also kein Novellierungsbedarf. Anders sieht es nach Ansicht eines Gutachters beim Rechtsschutz aus. Damit auch Nicht-Juristen etwas mit dem Thema anfangen können, hat die NBG-Geschäftsstelle die Essenz aus beiden Gutachten in eine verständliche Präsentation gepackt.
Policy Papers als neues Format
Denn wer nicht verstanden wird, wird auch nicht wahrgenommen. Dieser Grundgedanke steckt auch hinter den sogenannten „Policy Papers“. Das NBG möchte damit ein Format etablieren, um langfristig wichtige Themen wie Geodaten oder Zwischenlagerung im Bewusstsein zu halten. Eine Art „Gedächtnis“ rund um die Suche nach einem Atommülllager.
Was steckt hinter bestimmten Begriffen? Welche Positionen gibt es dazu? Und wie ist die Einschätzung des NBG? Jetzt heißt es in Bezug auf diese Aufgabe: Ärmel hoch für Gremium und NBG-Geschäftsstelle! Ein erster „Prototyp“ soll entstehen. Ein Policy Paper zu Geodaten.
Das Thema – eine Art Dauerbrenner! Der Umgang mit Geodaten soll zukünftig durch ein Gesetz geregelt werden. Das lässt aber seit Monaten auf sich warten. Kommt es noch in diesem Jahr? Und wenn es da ist – wie nützlich wird es letztendlich sein?
Dauerthema: Geodaten
Das NBG macht Druck, fragt im federführenden Wirtschaftsministerium nach, führt Gespräche mit den Abgeordneten des Umweltausschusses. Und setzt eigene Akzente. Die Veranstaltung „Geodaten im Brennpunkt“ im Februar war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Bis Ende des Jahres sollen kurze Erklärvideos folgen, die aufzeigen, welche Geodaten für Bürger*innen zugänglich sind und welche Daten warum nicht zur Verfügung stehen.
Zuvor hatte das Gremium bereits die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) dringend gebeten, die von ihnen gesammelten geologischen Daten, so aufzubereiten, dass sie auch von interessierten Bürger*innen verstanden werden. Die BGE nahm diese Anregung auf und arbeitet bereits an der Umsetzung.
Mehr Presse, mehr Öffentlichkeit!
Wichtige Impulse geben, mögliche Fehlentwicklungen schon frühzeitig benennen – das NBG als Korrektiv. Diesen Aspekt unterstrich das Gremium auch in Richtung Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE). Die Veranstaltungsreihe „Endlager gesucht“ – ein guter Anfang, um mit der breiten Öffentlichkeit in einen Dialog zu treten und sie zu informieren. Auch das NBG war bei den Veranstaltungen dabei.
Für die zweite Runde im Herbst, wünschen sich die Gremienmitglieder aber eine stärkere Einbindung der Öffentlichkeit durch das BfE. Wem nützt die beste Veranstaltung, wenn nicht viele Bürger*innen kommen?
Wer darf mitreden?
Alle Akteure mitnehmen und einbeziehen – darauf pocht das NBG auch im Vorfeld der Fachkonferenz Teilgebiete. Im nächsten Jahr, nach der Veröffentlichung möglicher Teilgebiete für ein Endlager, wird die Konferenz stattfinden. Ein wichtiger Meilen- und Prüfstein im Prozess.
Doch welche Fragen sollen hier im Fokus stehen? Wer darf mitdiskutieren? Eine Vorbereitungsgruppe soll dies vorab klären. Das BfE möchte, neben der BGE und kommunalen Spitzenverbänden auch das NBG mit dabei haben. Aber was ist mit normalen Bürger*innen, Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wissenschaftler*innen, die laut StandAG auch an Bord sein müssten? Das Gremium unterstrich, wie wichtig es ist, dass alle gesetzlich vorgeschriebenen Gruppen beteiligt werden. Wer hier einige ausschließt, baut kein Vertrauen in das Verfahren auf, sondern verspielt es auf fahrlässige Weise.
Aygül Cizmecioglu
Die Kurzberichte greifen ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Schlaglichter aus den Sitzungen auf. Ausführliche Informationen finden Sie im Ergebnisprotokoll anbei.
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