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End­la­ger­su­che dau­ert län­ger - was nun? Fo­kus Geo­lo­gie

30.03.2023

In Folge 2 der NBG-Reihe drehte sich diesmal alles um den geologischen Untergrund. Solange die Endlagersuche läuft, kann dieser nur eingeschränkt genutzt werden. Und das hat auch Konsequenzen für den Ausbau der erneuerbaren Energien – vor allem, wenn sich das Verfahren verzögert.

Raus aus den fossilen Brennstoffen – das ist die politische Stoßrichtung der Gegenwart. Erneuerbare Energiequellen wie Windkraft oder Erdwärme stattdessen ausbauen. Doch was hat das mit der Endlagersuche zu tun? Schaut man genauer hin, sehr viel. Denn die geologische Beschaffenheit des Untergrunds ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Suche nach einem Endlager. Schließlich soll der hoch radioaktive Müll so sicher wie möglich dort lagern – für unglaubliche 1 Million Jahre.

Die Eingrenzung der potentiellen Standorte geschieht peu à peu. Noch sind 54 Prozent der Bundesrepublik weiter im Rennen. Ende letzten Jahres wurde dann publik: das Verfahren wird länger dauern, als gedacht. Keine Standortentscheidung also 2031. Nun ist die Rede von 2046 bis 2068 – eine Verzögerung um Jahrzehnte. Und solange das Verfahren läuft, ist die Nutzung des geologischen Untergrunds in den potentiell geeigneten Gebieten z.B. für Geothermie-Bohrungen oder die Speicherung von Wasserstoff eingeschränkt.

Mehrstufiges & langwieriges Verfahren

Doch wie kann die Energiewende gelingen ohne die Endlagersuche zu gefährden? Das war eine der zentralen Fragen, die das NBG mit seinen Gästen online diskutierte. Konzipiert hatten die Veranstaltung die zwei Geologinnen im Gremium. Maria-Theresia Schafmeister moderierte und Magdalena Scheck-Wenderoth gab einen kurzen Überblick über das Thema.

Der Schutz von möglichen Endlagerstandorten betrifft vor allem Bohrungen, die tiefer als 100 Meter gehen. Zwar sind auch in den geschützten Gebieten Ausnahmen erlaubt, aber diese müssen ein mehrstufiges und langwieriges Genehmigungsverfahren durchlaufen. Beteiligt sind viele Akteure, u.a. das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und die geologischen Dienste der Länder. Bisher sind rund 7.700 solcher Anträge beim BASE eingegangen und kein einziges ist abgelehnt worden.

Mehr Tempo & Vereinfachung

Ein vereinfachtes Verfahren und vor allem mehr Tempo – das wünscht sich Reinhard Kirsch. Er ist Mitglied im Bundesverband Geothermie und stellt in der Diskussion klar: Seit dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise steigt die Nachfrage und der Bedarf nach erneuerbaren Energiequellen - nicht nur in Privathaushalten, sondern auch größeren Gebäudekomplexen wie Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Doch um Geothermie-Projekte realisieren zu können, brauche es mehr Bohrungen, längere Vorlaufzeiten. Ein kompliziertes Genehmigungsverfahren sei da ein großes Manko.

Zudem müssten die Gebiete, in denen die Schutzbestimmungen gelten, schneller eingegrenzt werden. Genau daran arbeitet die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). So könnten z.B. Gebiete, die sich in Küstennähe befinden, schon frühzeitig ausgeschlossen werden. Man könnte auch Definitionen nachschärfen, etwa was unter „Kristallin“ als mögliches Wirtsgestein fällt.

Schnellere Eingrenzung und zügigeres Genehmigungsverfahren – auch die Vertreter*innen der geologischen Landesdienste sind dafür. Jörg-Detlef Eckhardt vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg betont, dass viele Landesdienste vor einigen Jahren schon in ihren Stellungnahmen zum Teilgebiete-Bericht der BGE Optimierungsvorschläge gemacht hätten. Passiert sei seitdem aber wenig.

Christine Weiss vom BASE kann den Wunsch nach Beschleunigung zwar nachvollziehen, will dabei aber keine Abstriche bei der Sicherheit machen. Der Wunsch nach Vereinfachung dürfe nicht dazu führen, dass Gebiete zu früh ausgeschlossen werden, die womöglich aus geologischer Sicht doch geeignet sein könnten. Sorgfalt vor Eile – das müsse auch hier gelten.  

Zwei Mega-Projekte, die sich gegenseitig drosseln

Was nun? Denn so wie es jetzt läuft, läuft es nicht gut. Tür und Tor für Frust, aber auch Illegalität. Ein Teilnehmer berichtet, dass in Niedersachsen eine Klage vorliege. Eine Firma hätte die Erlaubnis für eine flache Bohrung erhalten, sei dann aber tiefer als 100 Meter gegangen. Solche Fälle seien schwer zu kontrollieren.

Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und die verzögerte Endlagersuche – zwei Mega-Projekte, die sich im Moment gegenseitig drosseln. Das kratzt natürlich auch an der Glaubwürdigkeit. Wie will man in der Bevölkerung Vertrauen für beide wichtige Vorhaben gewinnen, wenn sie sich in der Realität verhaken?

Mut zur Veränderung

Um diesen gordischen Knoten zumindest ein bisschen zu entwirren, wird sich das Bundesumweltministerium (BMUV) mit dem BASE in einem Arbeitskreis zu den Optimierungsmöglichkeiten austauschen und punktuell auch die Expertise von den Staatlichen Geologischen Diensten einholen. Ein erster Schritt!

Magdalena Scheck-Wenderoth vom NBG bringt es auf den Punkt. Man müsse den Mut haben, Pläne zu verändern und anzupassen – gerade, wenn man sehe, dass etwas nicht richtig laufe und wenn es gute fachliche Argumente gebe. Denn ist es nicht genau das, was ein lernendes Verfahren ausmacht?

All diese Aspekte und Diskussionspunkte aus der Veranstaltung finden Sie auch im Video-Mitschnitt auf unserem Youtube-Kanal. Mehr Infos zu unserer Reihe und den einzelnen Folgen gibt es in unserem Dossier.

YouTube-Livestream "Endlagersuche dauert länger - was nun? Fokus Geologie" (30.3.2023, Online)

Aygül Cizmecioglu

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