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End­la­ger­su­che dau­ert län­ger - was nun? Fo­kus Fach­kräf­te für die Zu­kunft

03.05.2023

Bergleute, Strahlenschützer*innen oder Geowissenschaftler*innen – sie alle werden gebraucht, um ein Endlager zu finden, zu bauen und zu betreiben. Aber gibt es überhaupt in Zukunft genug solcher Fachkräfte – vor allem wenn das Verfahren länger dauert als geplant? Diese Frage stand in Folge 3 der NBG-Reihe im Mittelpunkt.

Unbequemes Thema, politisch heikel, angelegt auf Jahrzehnte – die Endlagersuche hat ein echtes Imageproblem. Da waren sich alle Teilnehmenden einig. Darin liegt auch der Grund, warum sich wenige junge Leute heute für dieses gigantische Gesellschaftsprojekt interessieren. Und genau das kann in Zukunft ein echtes Problem werden. Denn die Suche nach einem Endlager wird länger dauern als ursprünglich geplant. Statt 2031 könnte 2046 ein Standort gefunden sein oder – so das pessimistischere Szenario – 2068.

Wer wird in Jahrzehnten über die nötige Expertise verfügen, z.B. bei der Umladung von Zwischenlager- in Endlagerbehälter? Werden in Zukunft genügend Bohrmeister*innen ausgebildet, die die Erkundungsbohrungen durchführen können? Und wird es in ein paar Jahren überhaupt noch Bergmänner- und frauen geben, die die Stollen auffahren, damit das Endlager gebaut werden kann?

Nachwuchs geht ins Ausland

Der Fachkräftemangel wird durch die Überalterung der Gesellschaft verstärkt. Und das hat Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens – auch auf die Endlagersuche. Klaus-Jürgen Röhlig weiß das nur zu Genüge. Er bildet an der TU Clausthal eigentlich genau diese Fachleute aus. Doch die Zahlen gehen zurück – wenig Interesse am Thema, weniger Studierende, weniger Doktorandinnen und Doktoranden. Auf lange Sicht bedeutet das auch: weniger Forschungsgelder! Ein Teufelskreis.

Wären Fachkräfte aus dem Ausland da eine Lösung? Nicht unbedingt, meint Klaus-Jürgen Röhlig. Es gebe zwar internationale Kooperationen, aber auch Skepsis. Selten pragmatisch, wenig zielorientiert, oft zu kompliziert – der deutsche Umgang bei der Endlagersuche hätte im Ausland nicht das beste Ansehen. Vielmehr gebe es einen „brain drain“. Seine eigenen Absolventinnen und Absolventen würden eher nach Finnland oder in die Schweiz gehen, als in Deutschland zu bleiben.

Knowhow bündeln

Befristete Zeitverträge an deutschen Unis, wenig Planungssicherheit – das mache eine Wissenschaftslaufbahn gerade bei so einem sperrigen Thema noch unattraktiver, glaubt Theresa Hennig. Die junge Geologin arbeitet am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam und forscht zur Endlagersuche. Der Grundstein für ihre Wissenschaftskarriere wurde schon sehr früh gelegt. Ihr Geografie-Lehrer entfachte ihre Passion für die Naturwissenschaften. Und genau hier müsse man ansetzen. MINT-Fächer müssten stärker gefördert, das Thema Endlagerung im Schulunterricht verankert werden.

Mehr noch – es brauche ein interdisziplinäres Institut für Endlagerforschung, in dem unterschiedliche Forschungsbereiche verzahnt werden mit nicht-akademischen Berufsfeldern. Die Bergbau-Ingenieurin arbeitet mit dem Bohrmeister zusammen, der Materialtechniker entwickelt mit dem Strahlenschützer die zukünftigen Endlagerbehälter. Ein Institut, in dem die Fachkräfte für die Endlagersuche ausgebildet und vernetzt werden. So die Vision!

Imagepflege & Ausbildungsoffensive

Auch der finanzielle Anreiz sei dabei wichtig, betont Marcel Schmidt. Der Gewerkschaftssekretär für den Bezirk Südniedersachsen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) kennt sich mit den Rahmenbedingungen aus, die Jobs gerade im Endlagerbereich ausmachen. Schicht- und Nachtarbeit und dann auch noch unter Tage – vor allem der Bergbau sei für junge Menschen nicht sehr attraktiv. Man müsse durch gute Gehälter und Zusatzleistungen echte Anreize schaffen, um Nachwuchs zu gewinnen. 

Imagepflege sei notwendig, davon ist auch Dieter Wittenberg überzeugt. Er arbeitet im Bereich Bergbauleistungen für die DMT GmbH & Co. KG. Die Bergbau-Industrie stünde vor riesigen Umwälzungen. Die Digitalisierung würde die Berufsfelder in diesem Bereich komplett verändern. Das Bild von rußgeschwärzten Bergmännern, die ein Leben lang Kohle unter Tage abbauten und nun die Schließung der letzten Zechen mit ansehen, sei nur die halbe Wahrheit.

Gerade Fachkräfte mit Bergbau-Knowhow werden auf dem Weg zu einem Endlager dringend benötigt. Da brauche es eine echte Ausbildungsoffensive. Die Endlagersuche, ein Jahrhundertprojekt mit unbefristeten Jobs und einer immensen gesellschaftlichen Relevanz – genau diese Aspekte könnten dabei in den Mittelpunkt gestellt werden und neugierig auf das Thema machen.

Verzögerung als Chance?

Dieser Imagewandel braucht Zeit, ebenso die Ausbildung der Fachkräfte. Dass die Endlagersuche nun länger dauert, könnte daher auch eine Chance sein. Eine Möglichkeit, jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen. Mehr Zeit für studienübergreifende Vernetzung, wissenschaftliche Nachwuchsförderung und eine Bildungsoffensive. Und damit all diese Ideen nicht nur eine Zukunftsmusik bleiben, braucht es die Politik. Das NBG – so der Wunsch der Teilnehmenden – solle hier eine Brücke zu den politischen Entscheider*innen schlagen und Aufmerksamkeit für das Thema auf Bundes- und Landesebene gewinnen.

All diese Aspekte und Diskussionspunkte aus der Veranstaltung finden Sie auch im Video-Mitschnitt auf unserem Youtube-Kanal. Mehr Infos zu unserer Reihe und den einzelnen Folgen gibt es in unserem Dossier.

YouTube-Livestream "Endlagersuche dauert länger - was nun? Fokus Fachkräfte für die Zukunft" (3.5.2023, Online)

Aygül Cizmecioglu

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