Er ist gebürtiger Mecklenburger, hat als Marineoffizier Erfahrung mit stürmischem Wellengang und sitzt nun als Bürgervertreter im NBG. Ein Gespräch mit Andy Barnekow über den frischen Blick eines "Anfängers" und warum die Endlagersuche mehr Tempo braucht.
Herr Barnekow, Gratulation! Seit Oktober 2024 sind sie an Bord des Nationalen Begleitgremiums. Wie kam es dazu?
Eher durch Zufall! Ich bin letztes Jahr zum Wahlgremium nach Fulda und Berlin eingeladen worden.
Für alle, die das Prozedere nicht kennen. Aus der Mitte des Wahlgremiums kommen die Bürgervertreter*innen des NBG. Die Wahl wird vom Bundesumweltministerium organisiert. Doch zuvor gibt es einen informativen Input zum Thema Endlagersuche, richtig?
Genau! Ich bin da auch ganz unvoreingenommen hingefahren und war relativ angetan und positiv überrascht.
Warum?
Es war ein Querschnitt der Gesellschaft und ich hatte tolle Gespräche. Und was auch interessant war: Ich bin mit einem differenzierteren Blick zurückgefahren.
Was meinen Sie damit?
Ich bin da angereist mit der Auffassung: Unser Wohlstand, den wir im Land haben, basiert auf Atomenergie, auf die Produktion von günstigem Strom. Natürlich war ich mir der Risiken auch bewusst gewesen. Aber ich hatte eine tendenziell positive Grundhaltung dazu. Auf dieser Wahlveranstaltung habe ich sehr viel gelernt. Was ist die Vorgeschichte der jetzigen Suche? Wo stehen wir im Verfahren? Wie ist die Endlagersuche organisiert? Ich musste meine Meinung nachjustieren und meine Sichtweise reflektieren. Und das war ein Grund, warum ich gesagt habe: Da möchte ich gerne mitmachen.
Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Es gibt mehrere Gründe. Ich habe selbst Kinder und wünsche mir auch Enkelkinder. Dadurch entsteht so ein Verantwortungsgefühl für nachfolgende Generationen. Der zweite Grund hat etwas mit meiner Biografie zu tun. Ich bin in Mecklenburg großgeworden.
In der ehemaligen DDR…
Ja! Das Gemeinschaftsgefühl war dort ein anderes, als ich es jetzt wahrnehme. Ich erlebe eine Welt, in der im Grunde jeder nur an sich selbst denkt. Und ich finde, es ist wichtig, den Schalter wieder umzulegen, sich wieder mehr für das Gemeinwohl zu engagieren. Und das geht nur, indem man einfach macht. Und da möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen.
Sie sind 46 Jahre alt, also noch zu jung, um die lange Konfliktgeschichte in puncto Atomkraft selbst hautnah miterlebt zu haben – Stichwort Gorleben. Spielte das Thema in Ihrer Sozialisation irgendeine Rolle?
Überhaupt nicht! Natürlich bin ich technisch interessiert und habe auch Zugang zum Strahlenthema. Ich bin ja Ingenieur und Physik war mein Lieblingsfach in der Schule. Aber ich bin überhaupt nicht vorgeprägt durch Protestaktionen etc.
Mit diesem frischen Blick, den sie haben: Was ist Ihr erster Eindruck von der Endlagersuche in Deutschland? Wie läuft das Verfahren gerade?
Viel zu langsam! Das sehe ich eigentlich überall, in so vielen Bereichen des Lebens, dass wir quasi in Verwaltung ersticken. Dass die Menschen tendenziell überfordert sind und vieles oft sehr lange dauert. Das beschäftigt mich auch im Beruf. Ich bin ja in der Bundeswehrbeschaffung tätig. Und überlege mir jeden Tag: Wie können wir schneller werden?
Was glauben Sie? Müssen wir bei der Endlagersuche auch an bürokratischen Schrauben drehen?
Ich glaube, das ist ein Aspekt. Eine andere Facette ist: Mit dem Thema kann man keine Wahl gewinnen. Eigentlich sind alle in der Politik froh, wenn es nicht auf der Agenda steht - zumindest ist das meine Wahrnehmung. Das sieht man ja auch daran, dass die Benennung der anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im NBG so lange auf sich warten lässt.
Ich höre daraus: Sie wünschen sich mehr Tempo bei der Endlagersuche?
Absolut! Und auch bei der öffentlichen Wahrnehmung des Themas gibt es Nachholbedarf. Die Endlagersuche ist nicht auf der politischen Agenda, für die Medien ist sie im Moment nicht reizvoll. Und viele Menschen kennen das Verfahren gar nicht, es gibt erhebliche Wissenslücken.
Und wie könnte man das ändern?
Eine verständliche Sprache wäre gut. Und die Verantwortlichen müssen aus ihren "Blasen" rauskommen – auch das NBG. Mein erster Eindruck ist – das NBG ist so eine eigene „Echokammer“. Aber unsere Gesellschaft setzt sich aus unzähligen Echokammern zusammen.
Sie wollen diese Echokammer etwas öffnen?
Ja! Und zwar mit voller Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit.
Die Arbeit im NBG ist ehrenamtlich und oft sehr zeitintensiv. Wie waren die ersten Reaktionen von Freunden und Familie zu Ihrer Wahl?
Sehr wertschätzend! Aber ich muss alles natürlich unter einen Hut bringen. Ich stehe mit beiden Beinen im Berufsleben, stehe in Verantwortung. Und dann habe ich Kinder, die auch ihre Zeit beanspruchen. Deswegen habe ich auch eine gewisse Demut vor der Aufgabe.
Wird dieser Balanceakt die größte Herausforderung für Sie?
Ja, aber auch, mich thematisch einzuarbeiten, mich mit der Historie des Verfahrens zu beschäftigen. Davor habe ich Respekt.
Was denken Sie, was können Sie ins NBG einbringen?
Das wird wahrscheinlich weniger etwas Fachliches sein. Ich bin an Menschen interessiert und versuche sie mitzunehmen. Vielleicht könnte dieses Verbindende mein Schwerpunkt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Aygül Cizmecioglu von der Geschäftsstelle des NBG.
Andy Barnekow ist seit Oktober 2024 Bürgervertreter im Nationalen Begleitgremium.
Wer steckt eigentlich hinter dem Nationalen Begleitgremium? In einer losen Reihe von Interviews und Artikeln erzählen unsere Mitglieder ihre ganz persönliche NBG-Geschichte. Was ist ihre Motivation? Wo liegen die größten Herausforderungen? Die weiteren Texte finden Sie in unserem Dossier.
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