Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hatte sich der Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung, das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), dazu entschieden, die Fachkonferenz Teilgebiete (FKT) weitgehend in Online-Formaten zu organisieren. Nur der dritte Beratungstermin fand in einem hybriden Format, d.h. vor Ort in Darmstadt und zeitgleich digital, statt.
Das Nationale Begleitgremium hinterfragte, auf welche Weise die eingesetzten Online-Formate eine gleichwertige Beteiligungsqualität zu den ursprünglich angedachten Präsenz-Formaten erreichen konnten und beauftragte zu dieser Frage den Beteiligungsexperten Matthias Trénel.
Der Gutachter betrachtete die vom NBG formulierten „Kriterien für gelungene Beteiligung bei digitalen Formaten“ und entwickelte sie zu zehn Bewertungskriterien weiter. Anschließend fanden diese Anwendung bei seinen Beobachtungen der drei Beratungstermine. Auf Basis seiner Erkenntnisse formulierte er Empfehlungen für den zukünftigen Einsatz digitaler Formate im Standortauswahlprozess.
Laura Adam
Kurz & verständlich
Zusammenfassende Beobachtung
- Der Gutachter bewertete die FKT als teils/ teils inklusiv, da durch das digitale Format die Zugänglichkeit zur Veranstaltung erleichtert worden sei und längere Reisezeiten entfielen. Dennoch hätten wiederkehrende technische Ausfälle den Teilnehmenden den Zugang zur FKT erschwert.
- Die durch die BGE und das BASE bereitgestellten Informationen seien durch mediale Unterstützung (Schaubilder, Videos, etc.) transparent und anschaulich aufbereitet worden. Der Wunsch nach einem Überblick für Themen-Neulinge wurde durch das Rahmenprogramm auf dem zweiten und dritten Beratungstermin berücksichtigt.
- Das Prinzip der Selbstorganisation („Prozess-Autonomie“) sei durch die digitalen Formate befördert worden, da die bundesweit verteilten Mitglieder der AG-Vorbereitung so via Videokonferenz tagen, sich mit der Geschäftsstelle der FKT austauschen und die interessierte Öffentlichkeit über ihre Arbeit informieren konnten.
- Der Gutachter Trénel hob hervor, dass durch die digitalen Formate das Einbringen von Themen („Themen-Autonomie“) im besonderen Maße erleichtert worden sei. Dies betreffe vor allem die Bildung von Arbeitsgruppen, das Einreichen von Beschlussvorlagen oder den „Call for papers“.
- Eine Diskussion auf Augenhöhe sei bei der FKT nur wenigen Teilnehmenden (Referent*innen, Moderation, besonders engagierte Teilnehmende, etc.) möglich gewesen. Versuche dies zu beheben, wie Fishbowl-Diskussionen oder Kleingruppenarbeit, seien oftmals durch technische Schwierigkeiten eingeschränkt worden („Verständigungsorientierte Erörterung“).
- Es sei den Teilnehmenden der FKT nicht möglich gewesen ihre Wortmeldungen, Reaktionen oder Emotionen vielfältig auszudrücken. Dies läge auch daran, dass digitale Formate weniger facettenreich seien und der zwischenmenschliche Kontakt fehle. Zudem seien Chatmöglichkeiten teilweise deaktiviert oder andere Formen, wie z.B. Emoticons nicht vorhanden gewesen.
- Ein informeller Austausch und eine Vernetzung der Teilnehmenden der FKT sei ebenfalls nur eingeschränkt möglich gewesen. Das integrierte System „Wonder.me“ sei von wenigen Menschen in deren Pause genutzt worden. Digitale Formate könnten persönliche zwischenmenschliche Kontakte nicht ersetzen.
- Die verwendeten Tools und Methoden (z.B. die Software) seien für ein Beteiligungsverfahren nicht vollumfänglich geeignet gewesen. Die Übertragbarkeit von digitalen Formaten müsse immer überprüft werden.
- Aus Sicht des Gutachters habe sich die Moderation überwiegend allparteilich verhalten und sich an die Vorgaben der AG-Vorbereitung gehalten. Dennoch sei auch sie durch das digitale Format eingeschränkt worden.
- Die Verbindlichkeit der Ergebnisse sei durch das digitale Format weder befördert noch beschränkt worden.
Empfehlungen für zukünftige Beteiligungsformate im Standortauswahlprozess
- Da die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmenden bei digitalen Formaten bei maximal drei bis vier Stunden läge, sollten zukünftige Formate in mehrere kürzere Termine unterteilt werden.
- Vor Konferenzbeginn sollte es technische Probeläufe geben, um mögliche Fehlerquellen auszuschließen. Zudem solle das Anforderungsprofil der Software überprüft und mit den „Kriterien gelungener Beteiligung“ abgeglichen werden.
- Die Rolle des BASE als Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung sollte zu Beginn zukünftiger Beteiligungsformate transparent dargestellt werden. Bezüglich einer höheren Verbindlichkeit der Ergebnisse solle das BASE frühzeitiger den Teilnehmenden Rückmeldung geben.
- Der Gutachter plädierte für alternative Möglichkeiten des Austauschs (z.B. moderierter Chat, digitale Pinnwände, Lob & Kritik-Forum oder „Speed-Dating“ der Teilnehmenden) sowie für eine verstärkte Arbeit in (digitalen) Kleingruppen. Ein begleitendes informatives Rahmenprogramm sollte auch zukünftig bei Beteiligungsformaten angeboten werden. Es bleibe wichtig, die eingesetzten Formate auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe abzustimmen.