Bei der Endlagersuche müssen Entscheidungen nachvollziehbar sein. Diese Transparenz ist ein Herzstück des Verfahrens. Gerade weil in der Vergangenheit durch politische Alleingänge, Machtspiele hinter verschlossenen Türen und intransparente Schritte viel Vertrauen in der Bevölkerung verspielt wurde. Das neue Verfahren will nun alles besser machen. Das Recht auf Akteneinsicht des Nationalen Begleitgremiums ist eine Stellschraube hin zu einer bürgernahen, wissenschaftsbasierten und vor allem transparenten Endlagersuche.
Das Standortauswahlgesetz (StandAG) – das juristische Fundament des Verfahrens – hat festgelegt, dass das Gremium auch jene Dokumente bei wichtigen Akteuren einsehen kann, die der Öffentlichkeit sonst verschlossen bleiben.
Theorie & Praxis
Soweit das Gesetz, aber wie sieht die Akteneinsicht konkret in der Realität aus? Und welche Herausforderung zeigen sich, wenn man sie umsetzt? Seit 2018 nimmt das NBG Einsicht in Akten der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und seit Juli 2022 beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Vorausgegangen sind viele Abstimmungsprozesse und die Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung durch das NBG.
Das führte in der Praxis ganz unmittelbar zu Problemen. Die Weitergabe der Informationen war dadurch nur solchen Personen erlaubt, die ebenfalls eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben haben. Die Konsequenz: Selbst auf internen NBG-Sitzungen konnten die Mitglieder nicht über den Inhalt der eingesehenen Dokumente beraten.
Vor diesem Hintergrund holte sich das Gremium diesbezüglich eine juristische Expertise. Das ausführliche Rechtsgutachten der Kanzlei Dombert finden Sie hier.
Aygül Cizmecioglu
Kurz & Verständlich
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte aus dem Gutachten
- Das Akteneinsichtsrecht im Standortauswahlgesetz sieht keine Ausnahmen vor. Das NBG erhält Einsicht in schützenswerte Unterlagen. Nur der Schutz verfassungsrechtlich schützenswerter Interessen ist durch Verschwiegenheitsvereinbarungen sicherzustellen.
- Tochtergesellschaften und Subunternehmen von wichtigen Institutionen unterliegen nicht der Akteneinsicht. Wurden aber wichtige Unterlagen bewusst, um Informationen zu verhindern, ausgelagert und gibt es Anhaltspunkte dafür, dann müssen diese von den Institutionen beschafft und dem NBG zur Verfügung gestellt werden.
- Die NBG-Mitglieder können zur Verschwiegenheit nur verpflichtet werden, soweit an den Informationen schutzwürdige öffentliche oder private Belange bestehen und das Informationsinteresse des NBG im Einzelfall nicht überwiegt.
Die derzeitigen Verschwiegenheitsvereinbarungen der BGE und des BASE entsprechen laut des NBG-Rechtsgutachtens nicht diesen Vorgaben und sind deshalb nichtig.
- Es ist Aufgabe der Institutionen, für jede Information konkret darzulegen, dass schutzwürdige Belange entgegenstehen und Vertraulichkeit zu wahren ist.
- Über vertrauliche Informationen kann in nichtöffentlichen Sitzungen des NBG beraten werden.
Empfehlung
- Das NBG-Rechtsgutachten empfiehlt dem Gremium, die Verschwiegenheitsvereinbarungen in der aktuellen Form nicht zu unterschreiben. Es sollte angestrebt werden, anhand der in diesem Gutachten dargestellten Kritikpunkte an der Verschwiegenheitsvereinbarung eine Lösung mit den Institutionen zu finden.