Der Tag wurde mit Spannung erwartet und am 28. September 2020 war es dann soweit. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbh (BGE) veröffentlichte den Zwischenbericht Teilgebiete. Sie hatte seit 2017, also seit dem Neustart der Endlagersuche, die geologischen Daten von den jeweiligen Länderbehörden zusammengetragen und ausgewertet. Grundlage war dabei das Standortauswahlgesetz, dass die Kriterien und Anforderungen für ein Endlager definiert.
Nun ist der Zwischenbericht raus! Er ist zugleich auch die erste flächendeckende geologische Bewertung des Untergrundes in Deutschland für ein zukünftiges geologisches Endlager.
Halb Deutschland dabei
Die BGE hat in ihrem Bericht nach der Anwendung der Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und geowissenschaftlichen Abwägungskriterien 90 sogenannte Teilgebiete in Deutschland ausgewiesen. Diese umfassen 54 % der Fläche Deutschlands und liegen teils auch unter großen Städten sowie unter der Nord- und Ostsee: In diesem Schritt des Verfahrens wurde die geologische Eignung bewertet. Planungswissenschaftliche Kriterien, z. B. der Abstand zu bebauten Flächen, kommen erst später im Verfahren zum Tragen. Mit Ausnahme des Saarlandes wurden in allen Bundesländern Teilgebiete ausgewiesen.
Teilgebiete wurden in drei Wirtsgesteinen, die im Standortauswahlgesetz vorgesehen sind, identifiziert:
- 9 Teilgebiete befinden sich in Tongestein
- 74 Teilgebiete befinden sich in Steinsalz (davon 60 in Salzstöcken)
- 7 Teilgebiete befinden sich in Kristallingestein
Die Fläche der ausgewiesenen Teilgebiete variiert stark: So sind z. B. Tongesteinsvorkommen und Kristallingesteine oft über sehr große Flächen ausgebreitet. Diese großen zusammenhängenden Flächen wurden von der BGE dann jeweils als ein Teilgebiet ausgewiesen. Salzstöcke sind hingegen vergleichsweise kleine Strukturen, die jeweils einzeln von der BGE betrachtet wurden. Daher auch die großen Unterschiede bei der Anzahl der Teilgebiete für die drei Wirtsgesteine.
In Flächenverhältnissen ausgedrückt sind 36 % Deutschlands Teilgebiet in Tongestein, 9 % Deutschlands Teilgebiet in Steinsalz und 23 % Deutschlands Teilgebiet in Kristallingestein.
Fokus Gorleben
Nach Anwendung der Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen hat die BGE in einem ersten Schritt zunächst 181 Gebiete identifiziert. Auf diese wurden im letzten Schritt die geowissenschaftlichen Abwägungskriterien angewandt. In diesem Schritt fielen vor allem Salzstöcke (Steinsalz in steiler Lagerung) aus der Vorauswahl: von 139 identifizierten Salzstöcken wurden 60 Teilgebiet.
Für die Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien hat die BGE in großem Umfang Referenzdaten – also die Nutzung von Literaturangaben zu geologischen Eigenschaften, die für das jeweilige Wirtsgestein typischerweise zu erwarten sind – verwendet, da keine regionalgeologischen Daten vorlagen.
Der Salzstock Gorleben hat kein Ausschlusskriterium, aber alle Mindestanforderungen erfüllt. Er wurde im ersten Schritt von der BGE damit als geeignetes Gebiet identifiziert. Allerdings wurden im letzten Schritt 3 der 11 geowissenschaftlichen Abwägungskriterien als „nicht günstig“ bzw. „ungünstig“ eingestuft: Rückhaltevermögen, hydrochemische Verhältnisse und Schutz durch das Deckgebirge. Dies hat zum Ausschluss von Gorleben geführt.
Aufgrund von regionalgeologischen Daten ist für den Salzstock Gorleben dabei nur das Deckgebirge bewertet worden. Die anderen beiden als „nicht günstig“ bewerteten geowissenschaftlichen Abwägungskriterien wurden auf Basis von Referenzdaten für das Wirtsgestein Steinsalz angewandt, sind also nicht spezifisch für Gorleben.
Erste Reaktionen
Obwohl die Endlagersuche mit einem politischen Konsens beschlossen wurde, werden einzelne Stimmen laut, die die Eignung des jeweiligen Bundeslandes als Endlagerstandort hinterfragen. Bayern z. B. hat Bedenken geäußert, ob der dort befindliche Granit als Wirtsgestein überhaupt den hohen Sicherheitsstandards genügt.
Solche politischen Alleingänge widerstreben der Grundidee des Verfahrens. Laut Standortauswahlgesetz ist kein Ort in Deutschland von vorn herein ausgeschlossen. Die Endlagersuche soll transparent und wissenschaftsbasiert realisiert werden, d. h. die Entscheidungen sollen allein auf Forschungsergebnissen beruhen und nicht politisch motiviert sein.
Wie geht es nun weiter?
Nach der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete wurde die sogenannte Fachkonferenz Teilgebiete einberufen (§ 9 Standortauswahlgesetz). Bei dieser konnten Bürger*innen, Vertreter*innen der Gebietskörperschaften der Teilgebiete, Vertreter*innen von gesellschaftlichen Organisationen und Wissenschaftler*innen den Zwischenbericht Teilgebiete erörtern. Eine Auftaktveranstaltung für die Fachkonferenz fand am 17. und 18. Oktober 2020 online statt, wo der Zwischenbericht von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vorgestellt wurde. Es gab auch die Möglichkeit, online den Zwischenbericht zu kommentieren. Nach der Auftaktveranstaltung fanden drei Beratungstermine der Fachkonferenz statt. Nach dem letzten Beratungstermin hat die Fachkonferenz einen Monat Zeit, der BGE ihre Beratungsergebnisse zu übermitteln. Diese Beratungsergebnisse werden von der BGE bei ihrem Vorschlag für übertägig zu erkundende Standortregionen berücksichtigt.
Nach der räumlichen Eingrenzung potentieller Endlagerstandorte in Teilgebiete, folgt u.a. unter Berücksichtigung der Beratungsergebnisse der Fachkonferenz eine weitere räumliche Eingrenzung in sogenannte Standortregionen. Diese werden von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vorgeschlagen. Im Anschluss werden diese vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) geprüft und vom Deutschen Bundestag und Bundesrat in einem Bundesgesetz festgelegt.
In den Standortregionen finden übertägige Erkundungen statt, d.h. Untersuchungen des Untergrundes von der Erdoberfläche aus. Das können z.B. geophysikalische Messungen und Bohrungen sein.
Aus den Ergebnissen dieser übertägigen Erkundung sollen günstige Standorte ermittelt werden, die untertägig erkundet werden. Dazu werden Bergwerke gebaut, in denen unterirdisch Untersuchungen vorgenommen werden können. Auch hierfür muss es zuvor ein vom Deutschen Bundestag und Bundesrat verabschiedetes Bundesgesetz geben.
Anschließend findet ein letzter Vergleich der potentiellen Standorte statt. Am Ende steht die Entscheidung über den finalen Endlagerstandort. Ursprünglich wurde diese Entscheidung für 2031 angepeilt. Im November 2022 wurde offiziell mitgeteilt, dass der Zeitplan nicht zu halten ist.
Wo bekomme ich welche Infos?
Wenn Sie Fragen zum Zwischenbericht Teilgebiete oder zur Ausweisung von Teilgebieten haben, stehen Ihnen folgende Informationsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Auf der Homepage der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) finden Sie alle Dokumente, sowie Informationen zu jedem Teilgebiet.
- Wenn Sie Anfragen telefonisch stellen wollen, steht Ihnen vom 28. September 2020 an folgende BGE-Telefonnummer zur Verfügung: 05171 - 543 9000
- Wenn Sie sich schriftlich mit Fragen an die BGE wenden möchten, steht Ihnen die folgende E-Mail-Adresse zur Verfügung: dialog@bge.de.